Das war ein spannender Auswärts-Nachmittag bei der zweiten Mannschaft von Frankfurt-Nord in Bonames. Um einen Eindruck zu geben:
Parallel zu unserem lief auch ein Match der Bezirksoberliga (1 Klasse über uns). Als dieses komplett abgeschlossen war, wurde bei uns noch an sieben Brettern gekämpft!
Einzige Ausnahme war die Partie von Uwe Bjørknes an Brett 5, der seinen jugendlichen Gegner in 63 Zügen besiegte, wahrscheinlich aufgrund seiner größeren Erfahrung im Schnellschach. Zu einem Mehrbauern aus der Eröffnung hatte sich bald ein zweiter gesellt, der Rest war Technik und dauerte nicht lange.
Der zweite Punkt folgte durch Theo Fischer, der aus einem lebhaften Mittelspiel ebenfalls mit einem Bauern mehr hervorging, ein Remisangebot ablehnte und sich im nachfolgenden Bauernendspiel souverän durchsetzte, nachdem sein Gegenüber freiwillig die letzten, Hoffnung bringenden, Figuren abgetauscht hatte.
Damit es nicht zu klar ausginge, verloren Michael Knittel und Carolin Diener, die als Ersatz für Jelena und Ulrich eingesprungen waren, ihre jeweiligen Partien.
Michael hatte schon in der Eröffnung eine ganze Figur verloren, noch tapfer weitergekämpft, aber da war einfach nichts mehr zu retten.
Carolin wählte einen königsindischen Angriff gegen versuchtes Französisch (1.e4 e6 2.d3 …), der allerdings nie richtig stattfand. Weißspieler versuchen in dieser Eröffnung meist, einen Bauern auf e5 zu etablieren, doch dieses Feld fiel in schwarze Hände, auf d4 entstand ein gefährlicher Freibauer, und obwohl es Carolin noch gelang, die Stellung zu komplizieren und Gegenspiel zu erlangen, wurde sie letztendlich Opfer ihrer Zeitnot.
C'est la vie. Dann eben das nächste Mal!
An Brett 1 remisierte Jan in ausgeglichener Stellung nach langer Rochade von beiden Spielern. Die gegnerische Königsstellung hatte Löcher, doch reichte die weiße Initiative zu keinem zählbaren Vorteil.
Es blieb das einzige Remis des Matches, der Spielstand war 2½:2½, drei Partien liefen noch.
An Brett 6 wurde Olaf Winter mit einem ziemlich verrückten Partieverlauf konfrontiert. In einem Schwarz-Sizilianer mit d6, e6 und g6, den ich so noch nie gesehen hatte (was aber wahrscheinlich an mir liegt), kam er am Königsflügel unter einigen Druck, sein schwarzfeldriger Läufer war denkbar schlecht, seine Gegeninitiative spärlich - als sein Gegner ein interessantes wenn auch zweifelhaftes Figurenopfer brachte und Olaf kurz darauf freudig Matt setzte … um erst jetzt zu erfahren, dass er den Regeln gemäß zunächst aus einem Schach hätte gehen sollen, ja sogar müssen.
Statt Matt also ein äußerst unerwünschter Damentausch und eine Stellung mit Minusfigur. Andererseits wurden auf Olafs Seite die Bauern knapp, und es schien, trotz allem, auf ein Remis hinauszulaufen. - Bis eine gefährliche Königspositionierung am Rand und ein verhängnisvoller Springerzug dem Weißen plötzlich ein Matt (diesmal ein echtes) mit beiden Türmen und einem vorgerückten, nur scheinbar entschärften, Freibauern ermöglichte. Hoppla.
Das war eine unangenehme Niederlage.
An Brett 2 kämpfte inzwischen Paul Lenhart gegen den Gang der Dinge:
Er hatte eine gedrückte schwarze Slawisch-Stellung mit schwachen Bauern auf c6 und e6 und einem weißfeldrigen Läufer mit traurigen Zukunfts-Aussichten, als er zu allem Überfluß auch noch die Qualität einstellte. Mit großer Hartnäckigkeit und etwas Mithilfe seines Gegners improvisierte er einen Bauernvormarsch am Königsflügel, erlangte eine Art Gegenspiel in der Mitte, befestigte einen Springer auf c3 ("wie immer"), einen Läufer auf d4, der dort gar nicht mal so schlecht aussah, und es ergab sich so etwas wie eine Festung, wo es für Weiß kaum noch möglich war, seinen Materialvorteil umzusetzen. In einer völlig missglückten Aktion gab er Paul als Nächstes gleich zwei Qualitäten auf einmal zurück, und der verwertete konsequent (und Kopf schüttelnd) seine unerwartete Chance.
3½:3½ ...
Nur Stephan Geyer spielte noch. In einem Sweschnikow-Sizilianer mit Schwarz hatte er lange Zeit überhaupt nicht gut ausgesehen: wieder ein schlechter schwarzfeldriger Läufer, ein zentraler Punkt d5 fest in gegnerischem Besitz, dazu ein hoffnungsfroher weißer, entfernter Freibauer am Damenflügel …
Geschickt verschaffte sich Stephan Gegenspiel in der Mitte, wurde seinen schlechten Läufer los, gewann einen weißen Mittelbauern, und nachdem er auch den Freibauern noch erbeutet hatte, stand er nun mit zwei Mehrbauern auf Gewinn, den er geduldig und präzise spielend tatsächlich erreichte und damit zum Match-Winner wurde.
Sicher hätte sein Gegner an mehreren Stellen bessere Züge gehabt; auf alle Fälle hat Stephan gut gekämpft und sich den Punkt am Ende redlich verdient.
Wonach der sehr beachtliche dritte Tabellenplatz weiterhin fest in unserer Hand bleibt.
Voilà.
(U.B.)