Das europäische Schach ist hierzulande so dominant, dass schnell in Vergessenheit gerät, dass es von diesem Spiel gut und gerne zehn Varianten gibt, die sich mehr oder weniger stark unterscheiden. Die Urform des Schachs kommt vermutlich aus Indien und nannte sich Chaturanga. Von dort verbreitete sich das Spiel nach Westen und Osten, und bei jeder Wanderbewegung veränderten sich die Regeln.
Eine für die Anhänger des westlichen Schachs besonders schwierige Form des Schachs ist das japanische Shogi. Trotzdem gibt es auch hierzulande einige Spieler, die sich diesem Zeitvertreib verschrieben haben, und für die wurde letztes Wochenende im Haus der Generationen in Frankfurt/Gallus ein Turnier veranstaltet.
Dazu fanden sich insgesamt 27 Spieler ein (zum Vergleich: beim diesjährigen Sparkassen-Open in Heusenstamm haben sich bereits jetzt >400 Spieler angemeldet). Eigentlich wollte Ihr Berichterstatter selbst an dem Shogi-Turnier teilnehmen, aber im letzten Augenblick verliess ihn doch der Mut -vermutlich eine weise Entscheidung.
Schon der Blick auf die Ausgangsstellung ist gewöhnungsbedürftig. Das Spielbrett ist 9x9 Felder groß, der König (übrigens eine der wenigen Figuren, deren Gangart genau dem westlichen Schach entspricht) befindet sich in der Mitte der Grundreihe. Daneben sind die Gold-Generäle aufgestellt, neben denen wiederum die Silber-Generäle, gefolgt von den Springern und den Lanzen ganz aussen. Auf der 2. Reihe befindet sich jeweils der Läufer und der Turm, auf der 3. Reihe sind dann die Bauern.
Wer wissen will, wie sich die Figuren bewegen: auf https://www.shogi.de/lernen.html gibt es die Anleitung.
Richtig kompliziert wird Shogi durch die Möglichkeit, geschlagene Steine selbst wieder einzusetzen. Tatsächlich ist das sogenannte dropping in allen Partien der Schlüssel zum Sieg und für Schachspieler, die nicht gerade passionierte Tandem-Spieler sind, enorm schwer zu meistern. Durch das dropping hat das Endspiel im Shogi eine ganz andere Bedeutung als im Schach: während wir mit dem Endspiel in erster Linie ein z.T. langwieriges Manövrieren verbinden, um kleinste materielle oder positionelle Vorteile zur Geltung zu bringen, ist das Endspiel im Shogi typischerweise ein brachialer Angriff auf den gegnerischen König nach dem Motto: wer zuerst kommt, mahlt zuerst.
Material ist weniger wichtig als Initiative, und Opferangriffe sind nicht wie im Schach die Ausnahme, sondern die Regel. Es überrascht nicht, dass die Remisquote im Shogi bei unter 1% liegt.
Die Namen der beiden Spieler, die hier um den Turniersieg kämpften, sprechen übrigens Bände: auch im europäischen Shogi dominieren Spieler, die es aus Japan zu den Langnasen verschlagen hat.
Wer sich näher mit Shogi beschäftigen möchte: in Frankfurt existiert eine der wenigen Shogi-Gruppen in Deutschland, Spielabend ist Dienstags ab 20:00 in der Kneipe Plateau, Neuer Wall in Sachsenhausen. (R.D.)