Mein letzter Tag heute in Wijk aan Zee - immer ein bisschen schmerzhaft, wenn man das Turnier der Elitespieler auf "halber Strecke" verlassen muss.
Natürlich jammere ich auf hohem Niveau. Denn bei meinem eigenen Drei-Tage-Wettbewerb (Dagvierkamp) konnte ich mir - wie schon vor zwei Jahren - den Gruppensieg angeln (mit 2½/3 Punkten). Die Niederländer sind halt sehr gastfreundlich und lassen ausländische Besucher gerne gewinnen.
Einen Buchpreis gab's wie immer auch, und so kann ich mir morgen Viktor Moskalenkos "An attacking repertoire for White with 1. d4" in den Koffer packen. Für die 350 Seiten werde ich wohl zwei Jahre brauchen. Keine Sorge also: Ihr werdet auch in absehbarer Zukunft kein Problem haben, mir beim Blitzen das Fell über die Ohren zu ziehen. Klar hätte ich das Buch bei Amazon billiger haben können, wenn man Reise- und Hotelkosten berücksichtigt. Aber so ein Schinken strahlt per se nicht sehr viel Atmosphäre aus.
Deswegen habe ich am Nachmittag auch noch mal rasch in die Veranstaltungshalle "De Moriaan" reingeschnuppert. Gestern waren die Gross-Strategen im Philips-Stadion zu Gast, wo der PSV Eindhoven sonst seine Heimspiele austrägt. Die Champions saßen direkt unterm Dach mit bestem Blick auf den gruenen Rasen. Dort herrschte allerdings Stille, vielleicht zum Bedauern von Magnus Carlsen, der ja selbst gern die Fußballstiefel schnürt.
Dazu hatte er aber am ersten Ruhetag, am Mittwoch, ohnehin Gelegenheit bei der traditionellen Begegnung Masters gegen Challengers - jeweils geringfügig verstärkt durch Profis. Carlsens Team gewann mit 8:5 und der Norweger trug sich auch selbst in die Torschützenliste ein. Siehe https://www.noordhollandsdagblad.nl/cnt/dmf20200115_49078196/waar-de-bal-is-is-magnus-carlsen-wereldkampioen-schaken-maakt-ook-furore-in-fantasy-football.
Bei seiner Schachpartie gegen Vize-WM Fabiano Caruana war der 29-jährige heute nicht ganz so treffsicher und begnügte sich im sechsten Spiel hier mit seinem sechsten Remis. Die beiden haben damit ja auch reichlich Erfahrung: Beim WM-Titelkampf 2018 hatten sie in den regulären 12 Partien 12-mal unentschieden gespielt. Nach der sechsten Runde heute steht Carlsen - inzwischen mit Vollbart - weiter nur auf Platz Sieben. Die Tabelle führt Wesley So an (4/6), gefolgt von dem punktgleichen Iraner Alireza Firouzja.
Ex-WM Vishy Anand verzichtete heute auf kühne Kombinationen und fuhr einen weiteren halben Punkt ein, nachdem ihm Eindhoven offenbar Glück gebracht hatte. Dort verbuchte er gestern seinen ersten Sieg: gegen den US-Amerikaner Jeffrey Xiong. Bei den Challengern ist der Deutsche Vincent Keymer immer noch etwas glücklos unterwegs. Heute gab's aber endlich den ersten Sieg gegen die einzige weibliche Teilnehmerin, Dinara Saduakassowa aus Kasachstan, bei zwei Niederlagen. Na gut, das wird schon.
Aber ich bin jetzt erst mal raus. (J.B.)