Unerwartet wurde unser Match gegen die zweite Mannschaft von Bad Vilbel das spannendste der bisherigen Saison. Nominell waren wir klar überlegen, und die Gäste traten nicht in Bestbesetzung an.
Es ging schon seltsam los. Uwe, der als Ersatz an Brett 6 zum Einsatz kam, hatte beschlossen, sich für seine Partie endlich einmal Zeit zu lassen und nichts zu verschenken. Das ging 17 Züge lang gut, dann stellte er in Sekundenschnelle einen ganzen Turm ein.
Ärgerlich und unnötig. 0:1.
Glücklicherweise machte Justus die Niederlage bald wieder wett. Sein Gegner hatte früh eine Qualität plus Bauern ohne Gegenwert geopfert, was Justus, ohne je von seinem Pfade abzuweichen, gnadenlos ausnutzte.
An Brett 3 erreichte Pedro nach wild-romantischem Anfang in etwas schlechterer Stellung ein Remis, welches das einzige Unentschieden des Tages bleiben sollte.
Polinas Mittelspiel war optisch in etwa ausgeglichen, doch geriet sie unter starken Druck, als ein schwacher Bauer auf b2 festgelegt und belagert wurde. Der abschließende Figurenverlust war vielleicht nicht zwangsläufig, doch war es sowieso schon eng geworden und kaum zu halten.
Zwei Partien liefen noch, Spielstand 1.5 : 2.5.
Es sah also nicht besonders gut aus.
Am Spitzenbrett war Jan nach kompliziertem Eröffnungsgeschehen in eine schwierige bis hoffnungslose Lage geraten. Seine Dame irrte einsam in der falschen Gegend herum, während der Gegner seine Kräfte effizient auf den schwarzen König konzentrierte.
An der kritischen Stelle verpasste er jedoch den entscheidenden Durchbruch (26. Sxe6+) und ließ Jan mit 26. Te3? Txc5! nebst Dc1+ wieder ins Spiel zurückkommen, der plötzlich sogar besser stand und nach einer weiteren gelungenen Abwehr-Aktion mit einem hübschen Matt in 3 abschließen konnte.
Uff. Wir lebten noch. Alles war ausgeglichen.
Nichts war passiert. Sozusagen.
Zu diesem Zeitpunkt sah die letzte laufende Partie von Christoph nach dem 23. Zug vergleichsweise harmlos aus, ein 3:3 Endstand schien wahrscheinlich. Tatsächlich bot sein Gegner hier das entsprechende Remis an.
Niemand rechnete mit dem Thriller, der noch folgen würde. Dabei ging es gerade erst richtig los!
Christoph blickte auf einen Raumvorteil seiner weißen Steine, mögliche Bauerndurchbrüche und einen rückständigen schwarzen Bauern. Sicher blickte er auch auf die Uhr: Für die 15 Züge vor der Zeitkontrolle
verbliebenen ihm 6 Minuten.
Eine Menge Mut und Siegeswillen gehören dazu, in solch einer Situation weiter auf Gewinn spielen zu wollen. Über beides verfügt Christoph zweifelsohne.
Stück für Stück und mit vielen taktischen Motiven vergrößerte er in der Folge seinen Vorteil, obwohl sich sein Gegner durchaus phantasievoll verteidigte. Nach über 5 Stunden Spieldauer erzwang er Figurentausch und den Durchmarsch eines entfernten Freibauern auf der A-Linie.
Diese Marathon-Leistung machte Christoph unbedingt zum Helden des Tages. Gratulation!
3.5 : 2.5 für uns. (U.B.)
Die Einzelergebnisse:
Bad Homburg IV | Bad Vilbel II | 3½-2½ | ||
---|---|---|---|---|
Gold, Jan Christian | 1808 | Besirevic, Adem | 1750 | 1:0 |
Bezsonna, Polina | 1729 | Hitzer, Dieter | 1682 | 0:1 |
Miyake, Pedro | 1681 | Stoll, Ulrich | 1552 | ½:½ |
Pichl, Christoph | 1684 | Willenbring, Jens-Dirk | 1461 | 1:0 |
Mandalka, Justus | 1679 | Karbalai, Raham | ---- | 1:0 |
Björknes, Uwe | 1737 | Kogel, Bernhard | 1362 | 0:1 |